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Während die Welt sich dreht, tut der Mensch so, als hätte er noch ewig Zeit. Die Zeitungen berichten von Künstlicher Intelligenz, Kriegsökonomie, rekordverdächtigen Börsenkursen – doch währenddessen rutschen wir ungebremst in eine Epoche, in der nichts bleibt, wie es war. Politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich: Wir erleben keinen Wandel mehr, wir stehen mitten in einem globalen Umbau – und niemand scheint den Bauplan zu haben.
Demokratische Werte, lange Zeit die Grundlage unserer Gesellschaften, werden im Namen der Sicherheit geschleift. Die Angst frisst die Freiheit. Wer laut wird, wird verdächtig. Wer Fragen stellt, stört. Parlamente verabschieden Gesetze, die sie kaum verstehen, während wirtschaftliche Interessen längst den Ton angeben. Rechtsruck? Ist längst Alltag. Die Rechten geben nicht nur Antworten, sie stellen inzwischen die Fragen – und zwar laut, aggressiv und ohne Rücksicht auf Verluste. Und der Rest? Schweigt – oder tut so, als wäre das alles nur ein schlechter Film.
Gleichzeitig taumelt das Wirtschaftssystem weiter im Widerspruch: Einerseits die mantraartige Beschwörung von Wachstum, als wäre es ein Naturgesetz. Andererseits ein Planet, der mit jeder Entscheidung, die auf Quartalszahlen basiert, mehr leidet. Was zählt ist der Profit. Der Preis wird ausgelagert: an das Klima, an ausgebeutete Arbeiterinnen in Asien, an Kinder im globalen Süden, die unsere Elektronik zusammenschrauben. Und trotzdem wird an den Börsen gejubelt. Die Wirtschaft wächst, die Wälder brennen – ein makabrer Gleichschritt.
Die Gesellschaft? Zersplittert. Zunehmend unfähig zum Dialog, süchtig nach Aufregung, getrieben von Empörung. Die einen sprechen über Zukunftstechnologien, die anderen fürchten sich davor, nächsten Monat die Miete nicht zahlen zu können. Der Abstand zwischen den Welten wächst – nicht nur ökonomisch, sondern auch emotional. Empathie wird zur knappen Ressource, Zusammenhalt zur Randnotiz. Während sich die einen in Filterblasen verlieren, kämpfen andere ums Überleben.
Doch bei aller Düsternis ist auch etwas spürbar, das Hoffnung macht: Die Müdigkeit, das alles hinzunehmen. Es gibt sie, die Initiativen, die Bewegungen, die Stimmen, die sich nicht mehr abspeisen lassen mit „alternativlos“. Junge Menschen, die aufstehen, Alte, die sich erinnern, wofür sie einmal gekämpft haben. Zwischen dem Lärm der Krisen und der Arroganz der Eliten wächst etwas Neues. Noch zaghaft, aber unübersehbar.
Die entscheidende Frage lautet nicht mehr: Wann wird es besser? Sondern: Worauf warten wir eigentlich noch? Die Zukunft wird nicht irgendwann gebaut. Sie entsteht jetzt – durch das, was wir heute zulassen, entscheiden oder verweigern.
Wer jetzt nicht aufwacht, wird sich morgen wundern, wie aus der Zukunft eine Vergangenheit wurde, für die sich niemand mehr verantwortlich fühlt.
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